Fairplay statt Gewalt: Das Berliner Projekt KICK on Ice holt die Jugendlichen abends nach 20 Uhr mit Eishockeytraining von der Straße. Teamgeist und Fairplay stehen hier ganz oben. Für viele Kids ist das Projekt eine wichtige Anlaufstelle, um dem Kreislauf von Frust, Gewalt, Langeweile und Kriminalität zu entgehen. Mit der Wandlung unserer Gesellschaft greift KICK on Ice jedoch auch die Flüchtlingsthematik auf und bietet den Betroffenen einen Weg, sich sportlich zu betätigen, Spaß zu haben und Neues zu entdecken. Stefanie Frohberg, Trainerin des von Laureus Sport for Good geförderten Projekts, verdeutlicht in ihrem Blogbeitrag die Stärke des Sports, Brücken zu bauen und Menschen zu vereinen.
Es war eigentlich ein ganz normaler Nachmittag, an dem meine Kollegen Christof, Jan und ich im Büro saßen und das Treiben auf dem Sportplatz beobachteten. Uns fiel auf, dass sich dort einige Geflüchtete bei „Wind und Wetter“ trafen, um gemeinsam Fußball zu spielen. Wir schauten uns an und hatten in diesem Moment alle die gleiche Idee! Kurz darauf standen wir bei den Jungs am Platz, kamen mit ihnen ins Gespräch und fragten, ob sie nicht Lust hätten, mit uns Eislaufen zu gehen.
Bereits eine Woche später trafen wir uns nach einigen weiteren Absprachen das erste Mal zum Eislaufen auf der Eisbahn in Neukölln. Es kamen gleich mehr als erwartet – ca. 15 neugierige junge Männer und Frauen wollten sich dem Wagnis stellen, erstmals mit Schlittschuhen über das Eis zu gleiten. Hierfür hatten wir bereits einige Schlittschuhe in den unterschiedlichsten Größen sortiert und bereitgestellt und schon konnte es mit der Schlittschuhvergabe losgehen. Um die Sprachkenntnisse zu fördern, sollte uns jeder seine benötigte Schuhgröße auf Deutsch ansagen. Das klappte bei den meisten bereits ziemlich gut. Nach ein paar kurzen Hinweisen, wie sie die Schlittschuhe am besten schnüren sollten, damit sie einen guten Halt und Standfestigkeit im Schuh haben, konnte es auch schon losgehen.
Die ersten Schritte auf dem Eis fielen den meisten schwer. Das Eis war dann doch ein ganz neues Medium – ein Untergrund, auf dem sie bis dahin noch nie gelaufen waren. Aber mit voranschreitender Zeit und etwas Übung wurden die Schritte sicherer und schwungvoller. Die Freude und der Spaß über diese neuen Erfahrungen und die Abwechslung war spürbar und allen anzusehen. Ab und zu verlor auch mal der ein oder andere seine Balance und fiel zur Belustigung aller auf den Po. Das Aufstehen und wieder auf die Füße Kommen war gar nicht so einfach, aber es kam immer jemand zur Hilfe. Das war sowieso etwas, was uns wirklich sehr aufgefallen ist: Es gab einen sehr großen Zusammenhalt und eine wirklich gute Kameradschaft untereinander.
Gegen Ende unserer Eiszeit ließ sich zur Freude aller sogar noch die Sonne blicken, was die Stimmung aller Beteiligten noch mehr erhellte. Als die Zeit vorüber war und alle vom Eis mussten, schauten wir in viele strahlende Gesichter. Alle waren euphorisiert und begeistert und wir verabredeten uns gleich für die kommende Woche zur selben Zeit. So lief es dann Woche für Woche in sehr ähnlicher Form ab. Es kamen teilweise bis zu 40 Geflüchtete, Männer und Frauen, jeder brachte immer wieder jemanden neuen mit. Viele kamen regelmäßig und machten schnell Fortschritte, sodass wir dann auch anfingen, die Eishockey Schläger herauszuholen und zusammen ein paar Pässe zu spielen – natürlich wurde auch bald fleißig auf das Tor geschossen. Mehr und mehr wurde aus dem einfachen Schlittschuhlaufen eine lockere Form von Training. Einer der Jungs kam nach einer Einheit zu mir, bedankte sich für die guten Tipps und meinte, mit einem breiten Strahlen und großer Zufriedenheit, dass er in der Einheit wirklich etwas gelernt habe. Das war nicht nur für ihn, sondern auch für mich einfach ein schöner und bewegender Moment. Genau das ist es am Ende, was meine Arbeit so einzigartig macht.
Zum Abschluss unserer letzten gemeinsamen Eiseinheit bauten wir die Tore auf einem Kleinfeld auf, fanden uns zu zwei Mannschaften zusammen und spielten eine erste richtige Partie Eishockey. Der Ehrgeiz und die Freude am Miteinander waren allen anzumerken und der endgültige Spielstand war zweitrangig. Wir gaben uns am Ende alle die Hand und verabredeten uns zum Fußball in der „eisfreien“ Sommerzeit. Wir werden uns also wiedersehen, werden weiterhin zusammen Sport treiben, uns bewegen und uns gegenseitig kennen, respektieren und verständigen lernen – ganz unbemerkt und nebenbei auf dem Sportplatz, denn beim Sport, innerhalb eines Teams, sind alle gleichermaßen akzeptiert und anerkannt. Der Sport ist die gemeinsame Sprache, ein besseres Mittel für eine Einbindung und Integration gibt es fast nicht.
Bildquelle: Laureus
Weitere Informationen zum Projekt KICK on Ice gibt es hier: https://www.laureus.de/foundation/kick-on-ice/