Seit 2016 sind Sie Laureus Sport for Good Botschafter – was möchten Sie als Botschafter vermitteln?
Marc Janko: Ich war von Laureus Sport for Good sofort begeistert. Ich finde es sehr gut gelungen und auch sehr glaubwürdig, wie die Brücke zwischen Sport und Gutes tun für junge Menschen geschlagen wird. Und es ist inspirierend, dass so viele weltbekannte Sportler sich zusammengetan haben und ein gemeinsames Ziel verfolgen. Sport kann wirklich die Welt verändern und Menschen zusammenbringen. Er hat viele Facetten, die positiv auf die Menschen, aber auch auf die ganze Gesellschaft einwirken können. Sport ist einfach sehr wertvoll, daher ist Laureus Sport for Good eine tolle Organisation, bei der ich mit Leib und Seele dabei bin.
Wie sehen Sie als ehemaliger Fußballspieler die soziale Verantwortung, die durch Fußball entsteht? Welche Werte sollten durch Fußball vermittelt werden?
Janko: Ich würde es nicht nur auf Fußball reduzieren, sondern den Sport generell betrachten. In kaum einer anderen Tätigkeit lernt man so schnell etwas für das Leben wie beim Sport, egal ob Mannschafts- oder Einzelsport. Es ist eine Turbo-Lebensschule, die extrem wichtig für jeden Einzelnen ist. Sport zu treiben bereichert jeden Menschen – zumindest mittelfristig. Man merkt es vielleicht nicht immer direkt, aber „hinten raus“ spürt man, dass es dich als Mensch, als Persönlichkeit und als Charakter verändert. Es gibt viele Dinge, die du mit oder durch den Sport lernst: Resilienz, Zusammengehörigkeitsgefühl, Respekt, Umgang mit Niederlagen oder auch mit Siegen. Das alles sind Werte, die jedem Menschen gut zu Gesicht stehen und von denen man nie genug bekommen kann.
Gibt es einen Wert, der Sie in Ihrer Karriere besonders geprägt hat?
Janko: Demut. Ob es Verletzungen waren, falsche Entscheidungen, die man karrieretechnisch getroffen hat – man kann schnell wieder auf den Boden der Realität zurückkommen. Ich glaube nicht, dass jemals die Gefahr bestand, dass ich abheben werde. Aber es gab einige offensichtliche und prägende Momente, die ich nie vergessen werde und in denen ich erfahren habe, was es heißt, demütig zu sein.
Wie hat der Sport Sie verändert?
Janko: Ich habe viel für mein Leben mitnehmen können, gerade wenn wir von Resilienz, Respekt, Umgang miteinander oder Zusammengehörigkeitsgefühlt sprechen. Es sind vielleicht keine Werte, die mir der Sport neu beigebracht, sondern vor allem ein Stück weit geschärft hat. Es steckt eine ganz andere Kraft dahinter, diese Werte über den Sport selbst zu erleben als aus Erzählungen zu erfahren.
In den Laureus Sport for Good Förderprojekten erleben viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer erstmals Halt und Wertschätzung. Wer hat Sie unterstützt?
Janko: Meine Familie, die mit mir quasi alle Höhen und Tiefen in meiner Karriere durchlitten hat. Und vor allem meine Frau, weil sie hautnah dran war und mir speziell in den schwierigeren Momenten den Rücken gestärkt hat.
Wie haben Sie sich nach Rückschlägen motiviert?
Janko: Ich habe es immer relativ pragmatisch gehalten. Nicht nur als Sportler, sondern als Mensch generell gibt es immer die Chance, in Momenten, in denen es vielleicht nicht so toll läuft, „rechts oder links“ abzubiegen. Rechts ist der Weg des Selbstmitleides und des Haderns und links ist der Weg das Beste draus zu machen, nach vorne zu schauen und zu probieren, da wieder raus zu kommen. Wenn du die Situation pragmatisch siehst, dann hilft es niemandem, wenn du in Selbstmitleid zerfließt und anderen die Schuld für Dinge gibst, die du nicht beeinflussen kannst. Ein älterer Spieler hat einmal zu mir gesagt, man solle sich immer auf die Dinge konzentrieren, auf die man Einfluss nehmen kann. Und man hat nicht auf alles Einfluss, das gilt im normalen Leben genauso und man muss gewisse Sachen einfach hinnehmen. Man kann es auch als Herausforderung nehmen, dass man gewisse Unwägbarkeiten in den Weg gestellt bekommt. Was ich aber jedem definitiv sagen kann: Es ist ein unglaublich stärkendes Gefühl, aus so einem Loch wieder herauszukommen und es macht dich selbstbewusster. Es zeigt dir, dass dich so schnell nichts umhauen kann und macht auch Mut für den weiteren Werdegang.
Seit Juli sind Sie nicht mehr aktiv, was gab den Ausschlag aufzuhören?
Janko: Irgendwann reicht es einfach. Mit 36 darf und kann man die Schuhe an den Nagel hängen. Es war eine schöne Reise, aber jetzt hat es sich so angefühlt, dass es Zeit für was Neues ist und ich habe es noch keine Sekunde bereut. Ich habe auch mental damit abgeschlossen und bin jetzt bereit für was Neues, für einen neuen Lebensabschnitt.
Auf Twitter bezeichnen Sie sich als Kosmopolit und Sie haben auch an den unterschiedlichsten Orten dieser Welt gewohnt: Niederlande, Türkei, Portugal, Australien, Schweiz… Was haben Sie aus dieser Zeit lernen gelernt?

Quelle: GEPA
Janko: Die verschiedenen Kulturen, die Sichtweisen und Lebenspläne der Menschen an den verschiedenen Orten der Welt haben mich auf jeden Fall geprägt. Ich bin am Rand von Wien groß geworden, wo es damals relativ viele türkische Flüchtlinge gab. Die Integration hatte nur bedingt gut stattgefunden – die Kinder sind größtenteils aggressiv aufgetreten und waren auf Stänkereien und Schlägereien aus. Wir waren zehn oder zwölf Jahre alt und so bekam ich, als viel zu junger Mensch, ein eher negatives Bild von den Türken mit. Viele Jahre später bin ich in die Türkei gewechselt und habe sofort hautnah erfahren, dass ich ein komplett falsches Bild hatte. Die Türken sind extrem herzliche und nette, zuvorkommende Leute und vermeintlich auch die, die wenig haben, bieten dir als Fremder alles an. Mein Blickwinkel hat sich durch diese Erfahrung komplett geändert – aber auch das Verständnis dafür, wie solche Blickwinkel überhaupt erst entstehen.
Auf Twitter posten Sie tiefgründig über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Was wollen Sie damit weitergeben?
Janko: Ich mache das gar nicht so sehr aus dem Gefühl heraus, dass ich etwas weitergeben möchte, sondern aus dem Antrieb heraus, dass ich das loswerden möchte. Ob das jetzt zwei oder tausend Leute lesen, ist mir eigentlich egal. Ich äußere mich zu Themen, die mich bewegen, die mich ärgern oder auch freuen. Mir ist aber auch bewusst, dass nicht jeder dieselben Ansichten hat wie ich. Wer also seine Meinung öffentlich äußert, muss auch bereit sein, mit Kritik umzugehen beziehungsweise diese für sich einordnen können.
Auf Instagram sind Sie mit dem Hashtag #regardlesshappy unterwegs. An wen ist dieser Hashtag gerichtet?
Janko: Ursprünglich an die jungen Leute. Aber ich musste das dann im Laufe der Zeit nachschärfen: an unreflektierte Leute. Und in den meisten Fällen sind das nun mal auch junge Leute, weil denen einfach Erfahrungswerte fehlen, die man im Laufe des Lebens sammelt. Mich hat es angefangen zu nerven, dass man auf Facebook und speziell Instagram ständig nur Perfektion vorgehalten und gezeigt bekommt. Ich habe dann für mich beschlossen, Instagram anders zu nutzen. Ich möchte den Menschen, die es interessiert, zeigen, dass man, speziell auch wenn man in der Öffentlichkeit steht, genügend Momente hat, die nicht so prickelnd sind oder, dass man nicht immer so perfekt ausschauen kann, wie man bei einem Shooting in Szene gesetzt wird. Man soll sich nicht ständig über Perfektion definieren.
Was kann Ihrer Meinung nach jeder einzelne von uns als Beitrag für eine bessere Zukunft leisten?
Janko: Mein Credo ist immer – und das probiere ich auch meinen Kindern beizubringen: Behandle jeden so, wie du selbst behandelt werden möchtest! Man sollte sich selbst und sein Verhalten immer wieder hinterfragen. Was ich nicht erleben möchte, sollte ich auch keinem anderen antun. Damit wäre schon viel geholfen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dann solche Ausschreitungen und Anfeindungen gäbe. Niemand möchte so etwas gerne erfahren.