Bei Laureus beeindruckt mich vor allem die Vielfalt: Legenden aus allen Bereichen des Sports setzen sich für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche in 34 Ländern ein. In Durban werden die südafrikanischen Kids beim Skaten für das Thema HIV sensibilisiert, in New York wirkt Laureus Kriminalität und Gangbildung mit einem Rugbyprojekt entgegen und in Kambodscha erfahren die Kinder neben dem Fußballtraining viel über Minenkunde.
In jedem Land sieht die Unterstützung von Laureus ein bisschen aus – aber überall ist sie vonnöten. Die Vielfalt unserer Organisation zeigen wir auch in unseren Projektreportagen, die auf SPORT1 laufen. Sechsmal im Jahr besucht das Filmteam in unserem Auftrag ein Laureus Projekt. Mal ist es ein Segelprojekt in Neapel, eine Fußballschule auf Haiti oder wie im Mai ein Poloprojekt in Süfafrika.
11 Stunden im Flugzeug nach Johannesburg und fünf Stunden mit dem Auto – der Weg zum Laureus Projekt Poloafrica auf der Uitgedacht Farm in der südafrikanischen Provinz Free State ist weit. Doch die lange Reise lohnt sich.
Poloafrica ist eins von 16 Laureus Projekten in Südafrika – und absolut außergewöhnlich: Hier spielen farbige Kids Polo. Möglich gemacht hat es die Britin Catherine Cairns, die Uitgedacht in eine Polo-Farm mit über 70 Pferden verwandelt hat.
Jedes Wochenende sammelt der uralte Pickup der Farm die rund 40 Kinder von den umliegenden Dörfern ein und bringt sie nach Uitgedacht. Hier kommen die Kids ihrem Traum, Polospieler zu werden, ein kleines Stück näher – und lernen so viel mehr als nur den Sport: Teamgeist, Disziplin, Verantwortungsgefühl – Werte, die ihnen durch das regelmäßige Training und den Umgang mit den Pferden vermittelt werden.
In „Life-Skill-Classes“, die nach dem Polotraining stattfinden, singen, tanzen und malen die Kinder, lernen schweißen und tischlern, bekommen Nachhilfe in Englisch und Mathe oder unterstützen einen Imker bei seiner Arbeit.
Das Ziel des Projekts: Die Kids mit möglichst vielen Fähigkeiten auszustatten, die ihnen den Farmalltag, aber auch die spätere Arbeitssuche erleichtern – und ihnen deutlich zu machen, dass nichts unmöglich ist, wenn man an sich glaubt.
Ein gutes Vorbild für die jüngeren Kids ist der 20-jährige Thapelo. Er wohnt mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder Tinto ein paar Kilometer von der Farm entfernt und spielt seit sechs Jahren Polo. Als erster Projektteilnehmer hat er den Schulabschluss geschafft. Gute Leistungen in der Schule sind die Voraussetzung für die Teilnahme an dem Projekt. Eine akademische Laufbahn allerdings schlagen die wenigsten der Farmkinder ein – und so arbeitet Thapelo inzwischen als Polotrainer auf der Farm. Auf einem Holzpferd bringt er den Anfängern das Umgehen mit dem Poloschläger bei. Parallel lernen die Kinder Reiten. Erst wenn sie beides gut genug beherrschen, dürfen sie auf das Feld und Polo spielen.
Berührt hat mich aber auch Anton, die 50-jährige gute Seele des Projekts. Erst mit zwölf Jahren besuchte er die Grundschule, stand jeden Morgen um vier Uhr auf und lief die 15 Kilometer zur Schule und spätabends wieder zurück. Auch er träumte davon, Polo zu spielen, hatte aber während der Apartheid aufgrund seiner Hautfarbe keine Möglichkeit dazu.
Im selben Dorf aufgewachsen wie die Laureuskids arbeitet er nun als Farmmanager auf Uitgedacht und leitet die Kinder beim wöchentlichen Schweißworkshop an.
Ein absolutes Highlight erlebte er vergangenes Jahr: Er durfte beim Laureus Summit in Barcelona teilnehmen. Dort treffen sich regelmäßig die Projektleiter aller 140 Laureus Projekte, um sich besser zu vernetzen und sich untereinander auszutauschen. Zum ersten Mal in seinem Leben verließ Anton sein Dorf und reiste nach Johannesburg, um von dort aus nach Barcelona zu fliegen. Zurück kam er nicht nur mit unbezahlbaren neuen Eindrücken und Erfahrungen, sondern auch mit einem gephotoshoppten Bild, das ihn voller Stolz gemeinsam mit den Spielern des FC Barcelona im Stadion Camp Nou zeigt. Das hängt nun im Großformat über seinem Bett – in einer Lehmhütte in einem kleinen Dorf irgendwo in Südafrika.