Kicking Girls

Allgemein, Blog

04.11.2013

Im Winter 2008 stand ich als angehender Sportlehrer kurz vor meinem Examen, als ein gewisser Herr Dr. Gebken das Sportinstitut der Universität Osnabrück betrat. Im Rucksack hatte er ein Projekt mit dem langen Titel „Soziale Integration von Mädchen durch Fußball“. Da ich selbst Fußball gespielt habe, sowohl Frauen- und Mädchenteams, als auch Herrenteams im Leistungssport trainierte, fand ich die Aktion sofort sehr spannend.

In sozial benachteiligten Gebieten organisierten wir fortan gemeinsam Mädchenfußball-AGs, bildeten jugendliche Mädchen zu Fußballtrainerinnen aus und richteten Mädchenfußballturniere im Stadtteil und darüber hinaus aus. Auszeichnungen, anerkennende Gespräche und Rückmeldungen motivierten uns den Weg weiterzugehen (und zeigten mir erst einmal nicht Lehrer zu werden), auch wenn wir manchmal frustriert waren, dass manch ein Förderer nur einzelne Aktionen verlangte und wenig Nachhaltigkeitsdenken hatte.

Wir versuchten immer uns in ganz Deutschland auszuweiten. Teilweise gelang uns das, aber wir hatten nie einen Partner, der uns dabei tatkräftig und vertrauensvoll unterstützte. Die Tür in Richtung Schule öffnete sich somit ein weiteres Mal, weil die Perspektive für unser Projekt fehlte. Doch dann passierte das Unverhoffte und wir bekamen eine Einladung der Laureus Sport for Good Foundation Deutschland nach Stuttgart. Wir stellten das Projekt vor, stießen endlich auf offene Ohren und erblickten den perfekten Kooperationspartner.

Mit großer Freude können wir nun motivierte und interessierte Schulen, Vereine, Stadtteile und Kommunen mit unserem Verständnis von funktionierender Integration bedienen und fördern. Mittlerweile spielen bei immer noch steigenden Zahlen in 20 Städten deutschlandweit an nahezu 100 Schulen unter teilweise schwierigsten Bedingungen Mädchen einmal pro Woche Fußball. Tolle Leiterinnen dieser Arbeitsgemeinschaften zeigen den Kids Übungen und geben Hilfestellungen. Mitunter sind sie selbst im Projekt zu solchen Übungsleiterinnen geworden. Etwa 200 Jugendliche erwerben pro Jahr die COACH-Lizenz, um als Fußballassistentin in eben solchen AGs, aber auch bei den Turnieren, den Camps oder aber im Kooperationsverein zu helfen. Die Fußballturniere sind die Highlights im Stadtteil, wenn man sich endlich einmal im Wettkampf unter stets fairen Bedingungen mit den Nachbarschulen messen kann.

Durch die Strahlkraft von Laureus konnten wir unsere Arbeit mittlerweile viel besser und einfacher ausführen. Das Institut „Integration durch Sport und Bildung“ bedient neben den reinen Laureus Standorten sogar weitere 100 Schulen in Deutschland – eine Ausweitung, die ohne die Laureusförderung unmöglich wäre.

Meine Aufgabe als Kicking Girls Projektleiter bei Laureus besteht darin, das Projektleben in den einzelnen Standorten zu gestalten, die Akteure vor Ort zu betreuen und auch tatkräftig mitzuhelfen. Mir ist es wichtig, die Vielzahl von Schulen nicht nur vom Bürostuhl aus zu erleben, sondern auch die Trainerausbildungen vor Ort zu leiten, Elterngespräche zu führen, Barrieren zu brechen und verlässlicher Partner zu sein. Die Begeisterung der Mädchen und die Zufriedenheit der Schulleiter, Eltern und Vereinsvertreter motivieren stetig. Ich habe schon so viele spannende und tolle Momente erleben dürfen. Türkische Väter, die erst sehr skeptisch waren, weil sie ihre Töchter nicht unbedingt in einem Fußballverein gesehen haben, schreiben mir nun gemeinsam mit ihren Töchtern Nachrichten zu ihren Fußballerlebnissen und kleinen Erfolgen. Erst in der letzten Woche bekam ich eine Nachricht von einem Mädchen aus Dietzenbach. Über Jahre hinweg hat sie in der Grundschul-AG Mädchenfußball gespielt und nun (vier Jahre später) hat sie sich mit den Worten „Hey Bastian, voll cool, dass ich endlich so alt bin, dass ich nun Trainerin werden kann!“ bei mir zum Lehrgang im Oktober angemeldet.

Diese Wertschätzung und die kleinen Erfolgserlebnisse sind elementar für die Kicking Girls und treiben uns an.

Ich bin Laureus- bist du es auch?

Autor:
Bastian Kuhlmann war Leiter der deutschlandweiten Kicking Girls Projekte und Geschäftsführer am Institut „Integration durch Sport und Bildung“. Schon seit 2006 widmete sich Bastian dem sozial-integrativen Mädchenfußballgedanken – bis 2008 noch als Sportstudent, danach als hauptamtlicher Mitarbeiter in verschiedenen Mädchenfußballprojekten. 2009 startete er zusammen mit Dr. Ulf Gebken und Martin Görlich das erste Laureus-Projekt in Bremen, welches sich rasant auf ganz Deutschland ausweitete. Der Osnabrücker koordinierte zuletzt Mädchenfußball-AGs an nahezu 100 Schulen in 19 Städten, organisierte in den dortigen Stadtteilen Mädchenfußballturniere und bildete jugendliche Mädchen zu Fußballtrainerinnen aus.

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On November 4, 2013
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