Die Angebote von Vereinen und Organisationen im Sport sowie Sport for Development Sektor sind wichtige Säulen für ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland und Österreich. Im gesamten Sport und besonders im Sport for Development Sektor werden nicht nur die sportlichen Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen geschult, sondern auch die Entwicklung ihrer Persönlichkeit begleitet und gestärkt. Dabei sind im Sport oft enge Bindungen, Nähe sowie Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen den involvierten Personen vorhanden, welche missbraucht werden können und zu sexualisierter Gewalt und weiteren Gefahren für Kindern und Jugendliche führen können.
Um Kinder und Jugendliche vor jeglichen Gefahren im Sport zu schützen, sollten Anbieter von Sportaktivitäten ein Kinderschutzkonzept haben und konsequent umsetzen. Jedoch wurde durch die von der deutschen Bundesregierung beauftragten Studie »SicherImSport« deutlich, dass sexualisierte Gewalt im organisierten Sport keine Seltenheit ist und Maßnahmen zum Schutz von Kindern im Sport noch nicht zur Genüge vorhanden sind.
Konkrete Ergebnisse der Studie, deren Untersuchungsgegenstand die sexualisierte Gewalt im organisierten Sport ist, sind unter anderem, dass:
- Erfahrungen sexualisierter Gewalt im Sport überwiegend erstmalig im Kindes- und Jugendalter auftreten.
- Ein Drittel aller befragten Kadersportler*innen bereits von mindestens einer Form der sexualisierten Gewalt im Kontext Sport betroffen waren oder sind.
- Weniger als die Hälfte der befragten Sportvereine der Aussage „Prävention sexualisierter Gewalt ist ein relevantes Thema für Sportvereine” zustimmen.
- Mehr als ein Drittel der befragten Vereine angibt, keine einzige Maßnahme zur Prävention sexualisierte Gewalt zu haben.
- 75% der Vereine keine*n Ansprechpartner*in für Prävention sexualisierter Gewalt oder für Kinderschutz haben und auch nicht planen, eine solche Kontaktperson zu benennen.
- 88% der Vereine keine Leitlinien und/oder Verfahrenspläne zum Umgang mit Verdachtsfällen oder Vorfällen haben.
- Nur 5% der Stadt- und Kreissportbünde und nur 9% der Verbände spezifische Maßnahmen zur Prävention sexualisierter Gewalt für Kinder und Jugendliche mit Behinderung oder drohender Behinderung haben.
- Knapp die Hälfte bis drei Viertel der Vereine bei den jeweiligen Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt angeben, dass sie diese weder implementiert haben noch planen, diese einzuführen.
- In Vereinen mit einer klar kommunizierten „Kultur des Hinsehens und der Beteiligung“ das Risiko für alle Formen sexualisierter Gewalt signifikant geringer ist.
Die Forschungsergebnisse zu sexualisierten Gewalterfahrungen von Sportler*innen als auch zum Umsetzungsstand von Präventions- und Interventionsmaßnahmen im organisierten Sport sind alarmierend und benötigen höchste Aufmerksamkeit. Besonders erschreckend ist, dass viele Sportvereine die Einführung einzelner Präventionsmaßnahmen nicht einmal planen, und dass über die Hälfte der befragten Sportvereine in Deutschland dieses Thema nicht als relevant einschätzen. Gleichzeitig gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen der „Vereinskultur des Hinsehens und der Beteiligung“ und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt im Sportverein. Durch die Studie wurde aufgezeigt, dass das Einführen von Präventionsmaßnahmen gegen sexualisierte Gewalt, wie beispielsweise das Benennen einer Ansprechperson für Kinderschutz/Prävention sowie klare Richtlinien für den Umgang mit Verdachtsfällen, eine wesentliche Wirkung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im organisierten Sport erzielen. Dabei gilt es natürlich, diese auch klar zu kommunizieren und sie konsequent umzusetzen.
Laureus Sport for Good setzt sich als Unterzeichnerin der Initiative „Safe in Sport“ international dafür ein, dass alle Anbieter von Sportaktivitäten Maßnahmen zur Prävention von (sexualisierter) Gewalt einführen und umsetzen. Das Ziel ist es, jeglicher Gewalt im Sport entgegenzuwirken, Risiken für Gefahren für das Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen frühzeitig zu erkennen und zu minimieren und den Sport somit zu einem sicheren Ort für alle Kinder und Jugendliche zu machen. Entsprechend beinhaltet das Schutzkonzept der Initiative „Safe in Sport“ Schutzmaßnahmen gegen jegliche Gefahrenquellen für das psychische und physische Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen im Sport. Neben Maßnahmen zur Prävention sexualisierter Gewalt, werden zum Beispiel auch die Gefahren auf dem Weg zum Trainingsplatz, das regelmäßige Testen von Materialien (z. B. Klettergurte) sowie das Thema Mobbing miteinbezogen.
Über die Initiative „Safe in Sport“ können sich alle Institutionen im Sport ausführlich über die Relevanz und die Umsetzung der Maßnahmen informieren sowie einen Selbsttest zu den eigenen Präventionsmaßnahmen durchführen. Um die Anbieter von Sportaktivitäten bei der Einführung bzw. Weiterentwicklung solcher Maßnahmen zu unterstützen, hat Laureus Sport for Good gemeinsam mit Correlaid eine digitale Version des Selbsttests zum Kinderschutz erstellt, womit das Ausfüllen des Tests nur ca. 5 Minuten dauert. Direkt im Anschluss erhält die Institution individuelle Empfehlungen zur Verbesserung und der Umsetzung des eigenen Kinderschutzkonzepts.
Julia Schilling, Kinderschutzbeauftragte von Laureus Sport for Good Germany & Austria, erklärt: „Wir alle sollten Verantwortung übernehmen und umfassende Präventionsmaßnahmen im Sport etablieren, um Kinder und Jugendliche über den Sport zu stärken und sie vor Gewalt zu schützen. Aus unserer Sicht sind Kinderschutzkonzepte unabdingbar, um den Sport als sicheren Ort für alle Kinder und Jugendlichen zu gestalten. Deswegen legen wir bei der Auswahl der von uns geförderten Programme auch besonderen Wert auf das Bewusstsein für dieses Thema und das Vorhandensein eines Kinderschutzkonzepts. 95% der von uns geförderten Sport-Sozialprogramme setzen in ihrer täglichen Arbeit bereits ein ausgereiftes Kinderschutzkonzept um. Ich kann allen Vereinen und Organisationen im Sport nur ans Herz legen, dem Vorbild der von uns geförderten Programme zu folgen. Kümmern Sie sich um das Kinderschutzkonzept in Ihrer Institution, indem Sie den Selbsttest durchführen und anschließend die individuellen Handlungsempfehlungen bestmöglich umsetzen.“
Hier gelangen Sie zum Selbsttest für Kinderschutz:
https://laureus.shinyapps.io/Safeinsport-selfaudit/
„Danke an alle, die sich mit dem wichtigen Thema des Kinderschutzes und der Prävention jeglicher Gewalt im Sport beschäftigen und somit dazu beitragen, dass sich der Sport zu einem sicheren Ort für Kinder und Jugendliche entwickelt.“ so Julia Schilling weiter.
Bei Fragen und benötigter Hilfestellung zur Einführung und konsequenten Umsetzung des Kinderschutzkonzepts wenden Sie sich gerne an Julia Schilling, Kinderschutzbeauftragte von Laureus Sport for Good.
Hinweise:
Kontakt Julia Schilling: julia.schilling@laureus.de
Begriffsdefinition sexualisierte Gewalt: Der verwendete Begriff der sexualisierten Gewalt liegt einer weiten Definition zugrunde, die neben sexualisierten Gewalthandlungen mit Körperkontakt auch solche ohne Körperkontakt sowie grenzverletzendes Verhalten einbezieht.
Initiative Safe in Sport: https://safeinsport.org/
Literaturnachweise:
Rulofs, B., Gerlach, M., Kriscanowits, A., Mayer, S., Rau, T., Wahnschaffe-Waldhoff, K., Wulf, O. & Allroggen, M. (2022). SicherImSport. Sexualisierte Grenzverletzungen, Belästigung und Gewalt im organisierten Sport. Häufigkeiten und Formen sowie der Status Quo der Prävention und Intervention. Köln & Ulm: Deutsche Sporthochschule Köln & Universitätsklinikum Ulm, Zugriff unter: https://www.lsb.nrw/fileadmin/global/media/Downloadcenter/Sexualisierte_Gewalt/Bericht_zum_Forschungsprojekt_SicherImSport.pdf
Rulofs, B., Gerlach, M., Kriscanowits, A., Mayer, S., Rau, T., Wahnschaffe-Waldhoff, K., Wulf, O. & Allroggen, M. (2016). „Safe Sport“ Schutz von Kindern und Jugendlichen im organsierten Sport in Deutschland: Erste Ergebnisse des Forschungsprojektes zur Analyse von Häufigkeiten, Formen, Präventions- und Interventionsmaßnahmen bei sexualisierter Gewalt. Köln & Ulm: Deutsche Sporthochschule Köln & Universitätsklinikum Ulm, Zugriff unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/838336/6ae875244fce036753edf128c56674a7/20210505-Studie-Safe-Sports-data.pdf
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