Der Fußball begleitet mich bereits ein Leben lang. Früher habe ich mit meinen Schulfreundinnen auf der Wiese hinter dem Haus gespielt. Wir haben uns fast jeden Nachmittag getroffen und dabei stand nicht der Wettkampf im Vordergrund, sondern die Freude an der Bewegung und der gemeinsamen Unternehmung. Viele Jahre durfte ich selber nicht in einem Verein spielen. Es haben sich jedoch an meiner damaligen Schule einige fußballbegeisterte Mädchen zusammengefunden, sodass wir eine Schulmannschaft gegründet haben. Das war etwas ganz Besonderes, denn eigentlich spielten nur die Jungen Fußball. Auch wenn wir nicht regelmäßig trainierten, traten wir gegen andere Schulmannschaften an. Wir haben daher zwar die meisten Spiele verloren, jedoch habe ich nur positive Erinnerungen an diese Zeit. Beispielsweise waren die Auswärtsfahrten ganz besondere Erlebnisse, in denen wir gemeinsam als Team etwas unternommen haben.
Das „offizielle“ Mannschaftsfoto aus dieser Zeit ist heute noch in meinem Fotoalbum. Ich habe mich dann sehr gefreut, als ich endlich in einem Fußballverein spielen durfte. Wir hatten damals ein tolles Team, mit dem wir auch außerhalb des Fußballvereins viele Aktionen unternommen haben. Auch heute verbindet mich mit vielen Mitspielerinnen von damals eine enge Freundschaft. Während meines Studiums habe ich meinen Fußballtrainerschein gemacht und gemeinsam mit einer ehemaligen Mannschaftskollegin und guten Freundin eine Juniorinnenmannschaft trainiert. Ich habe es nicht als selbstverständlich angesehen, was die vielen ehrenamtlichen Trainerinnen und Trainer und Betreuerinnen und Betreuer im Verein leisteten und wollte etwas zurückgeben und mich ebenfalls engagieren. Neben den sportlichen Zielen war es für mich sehr wichtig, dass der Satz „Wir sind ein Team!“ nicht nur eine Floskel bleibt. Die Jugendlichen sollten lernen, dass jede ein unverzichtbarer Teil des Teams ist und man nur gemeinsam Ziele erreichen kann. Dabei ist es wichtig, dass alle Verantwortung übernehmen. Mittlerweile haben viele meiner damaligen Spielerinnen selber einen Trainerschein gemacht und trainieren heute eigene Juniorinnenmannschaften. Ich habe so bereits vor vielen Jahren erfahren, dass es lohnenswert ist, die Jugendlichen an ein Trainerengagement heranzuführen. Letztlich können Vereine nur so überleben. Somit haben mir meine eigenen Erfahrungen als Spielerin und Trainerin gezeigt, wie wertvoll ein Mannschaftssport wie der Fußball für die persönliche Entwicklung sein kann.
Ich war deshalb sehr froh, dass ich nach meinem Studium im Jahr 2009 die Möglichkeit bekommen habe, ein assoziiertes Projekt des Laureus-Projektes „Kicking Girls“ zu koordinieren. Seit 2014 bin ich bei den „Kicking Girls“ selbst aktiv. Zu meinen Aufgaben gehörten und gehören der Aufbau und die Betreuung einzelner Projektstandorte. Dabei arbeite ich mit Fußballvereinen, Grund- und Sekundarschulen, Kommunen, Ministerien, Fußballverbänden, und -kreisen zusammen. Insbesondere diese Vielfalt macht meine Arbeit reizvoll und spannend. Ich bekomme dadurch einen sehr guten Eindruck davon, auf wie vielen Ebenen das Projekt positiv wirkt. Besonders eindrucksvoll finde ich die Freude der Grundschülerinnen, wenn sie an einem Turnier teilnehmen. Sie spielen mit so viel Eifer und Spaß und freuen sich am Ende so sehr über ihre Medaille, auch wenn sie nicht den ersten Platz belegt haben. Wenn ich dann Wochen später in der Schule bin, sehe ich die Pokale der Turniere in der Schulvitrine, die sonst nur mit Preisen der Jungen bestückt waren. Und ich sehe, wie stolz die Mädchen auf das Erreichte sind und darüber, dass auch ihre Leistungen gewürdigt werden.
Mehrere Schulleitungen erzählten mir bereits, dass die Mädchen der Fußball-AG nach einiger Zeit des Übens auch den jungendominierten Fußballbolzplatz auf dem Pausenhof für sich beanspruchen. Es gibt daher mittlerweile vielerorts eigene Mädchenfußballpausen, in denen die Jungen nicht spielen dürfen oder aber Mädchen und Jungen gemeinsam Fußball spielen. Nach Aussagen der Schulleitung wäre es früher nicht denkbar gewesen, dass Mädchen diesen Raum so selbstbewusst für sich in Anspruch nehmen. Der Übergang dieser Mädchen in den Fußballverein ist jedoch immer noch eine große Herausforderung und muss aktiv begleitet werden. Im Verlauf des Projektes habe ich viele engagierte Vereine kennen gelernt, die sich aktiv um die Grundschul-AGs und die Mädchen kümmern. Aus diesen AGs heraus gründeten sich bereits etliche Mannschaften. Die umliegenden Sportvereine gewinnen auf diese Weise Nachwuchs und profitieren so ebenfalls vom Projekt.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass das Projekt „Kicking Girls“ vielen Mädchen den Zugang zum Fußball ermöglicht, die ansonsten aufgrund ihrer sozialen Herkunft kaum eine Chance zur Sportteilhabe gehabt hätten.
Autorin:
Katharina Althoff ist hauptamtliche Mitarbeiterin in dem Projekt „Kicking Girls“. Im Anschluss an ihr Sportstudium leitete sie 2009 zunächst ein assoziiertes Projekt und ist seit 2014 bei den „Kicking Girls“ aktiv. Als langjährige aktive Spielerin und Trainerin einer Juniorinnenmannschaft weiß sie um die Bedeutung des Sportspiels Fußball für die Mädchen.